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Shiva – in Memory

Shiva

Shiva war ein Dobermann, eine Hündin – unser erster Hund.

Wir haben mal einen Freund begleitet als er zu seinem Gehege ging, um seine drei Dobermänner zu füttern. Die drei Hunde waren zwar braun und nicht sehr freundlich, aber wunderschön. Meine Tochter ist in die Pubertät gekommen und ich habe mir sagen lassen, dass ein Hund für Sauberkeit und Disziplin sorgt. Sie wollte einen Hund haben, und wenn dem wirklich so ist, warum nicht? Allerdings, wollte sie einen schwarzen Dobermann. Auch gut, dachte ich, und wir gingen in ein Münchener Tiergeschäft um einen zu kaufen. Wir wussten damals nicht viel von den Geschäftspraktiken der Tierverkäufer, aber hatten Glück; Shiva war sehr jung, zwar zu jung um von der Mutter wegzukommen, und sie war auch schon kopiert an den Ohren, und auch der Schwanz war schon weg. Das sagte mir, dass der arme Hund schon Schmerzen kennt. Wie wird sie? Wird sie gefährlich? Wir kamen ins Geschäft, meine Tochter hob den kleinen Hund in ihre Arme und sagte; „Willkommen zu Hause Shiva.“ „Shiva?“ fragte ich. „Ja, sie ist zwar eine sie, aber die Bedeutung gefällt mir; „Shiva ist der Indische Gott der Zerstörung und des Wiederaufbaus.“ Na dann!
Ein Dobermann braucht sehr viel Auslauf und so sorgten wir beide für sie. Nach ein paar Wochen konnte ich dann aber gut merken wie Shiva sich für meine Tochter als ihre Herrin entschied. Mich nahm sie einfach nicht mehr ernst. Wenn ich auf dem Sofa saß, kam sie zu mir, schob sich hinter mich und schmiss mich einfach runter. Ich musste auch aufpassen, dass mein Kopf immer höher als ihrer war, sonst wurde sie gefährlich. Aber ich denke nicht, dass sie mich gebissen hätte. Sie wollte nur der Boss sein. Es war unglaublich, wie gut meine Tochter sie erzogen hat. Shiva fraß nur, wenn sie durfte, ging bei Fuß, immer ohne Leine. Das einzige Problem gab es beim Auslauf entlang der Isar oder im Englischen Garten. Shiva konnte keine Fahrräder ertragen. Sie lief ihnen nach, war meistens schneller als sie und zeriss so drei oder vier Hosen, – die wir auch bezahlten. Und als wir mal weg waren, hat die Nachbarin das Fenster schließen sollen. Mit Shiva in der Wohnung kam sie zwar rein, aber nicht mehr raus. Die arme Frau hatte vier Sunden in der Wohnung warten müssen bis ich nach Hause kam und sie raus ließ.
Einmal kam meine Tochter mit Shiva zu mir in die Arbeit. Es war Sommer. Ich bediente im Garten, als ich die beiden kommen sah. Meine Tochter, groß gewachsen in einem schwarzen Minirock, mit schwarzem Oberteil und blondem Kopf, schritt mit Shiva, dem schwarzen Dobermann die Strasse entlang. Meine Tochter trug die silberne Kette, die Hundeleine in der Hand. Da hörte ich jemanden sagen: „Schau, schau, die gehören beide an die Kette.“ Da sagte ein Stammgast der uns kannte schnell, „Hört auf, das ist ihre Tochter,“ und alle lachten. Nun, die beiden waren wirklich ein wunderschöner und ein wenig gefährlich anmutender Anblick.

Die Zeit verging, meine Tochter traf einen jungen Mann und verliebte sich. Heiraten wollten sie auch – so schnell es ging. Er bekam ein gutes Arbeitsangebot aus Singapur und sie sagte ja. Ich richtete die Hochzeit aus und bald waren die beiden weg. Shiva blieb aber zunächst bei mir. Bald fanden die beiden ein Haus und ich sollte Shiva per Flugzeug nach Singapur senden. Ich kaufte das teuere Ticket und eine große Box, gab Shiva zwei Valiumtabletten und verabschiedete mich von ihr. Ich tat alles, was ich konnte und war sicher, dass sie bald bei meiner Tochter ankommt. Zwei Tage später kam der Anruf: „Hast Du schon gehört, was mit Shiva passierte?“, fragte meine Tochter. „Nein, was denn?“ „Sie haben sie ins Flugzeug nach Johannesburg verfrachtet, merkten dann den Fehler, schickten sie zurück nach München und danach erst nach Singapur. Ich sah, wie sie aus der Box rausfiel, das ganze Gesicht blut- verschmiert und dann kippte sie einfach um. Jetzt ist sie beim Doktor und danach muss sie für vier Wochen in Karantene.“
Shiva wurde körperlich wieder gesund, war aber nie wieder die gleiche; ihr Stolz und Anmut waren dahin. Sie wurde ängstlich und hielt sich gerne im Garten in irgendeiner Ecke auf. Ich verklagte die Lufthansa und bekam das Geld für das Ticket zurück, aber was nutzt uns das? Es war wie Hohn, vor allem wegen der Unfreundlichkeit, mit der sie mit uns verhandelten. Meine Freundin Anita, die einen Dackel, genannt Fakir hatte, sagte mir einmal; „So lange man nicht richtig für einen Hund gesorgt und mit ihm gelebt hat, wird man nie begreifen, dass Tiere eine Seele haben.“

Eines Tags fuhr meine Tochter in Singapur ins Büro und sah einen schwarzen Hund, der blutete und hinkte. Die Chinesen warfen ihm Steine nach. Sie blieb stehen, aufgebracht und wütend nahm sie den Hund beim Halsband und fragte, wem er gehörte. Plötzlich sagten sie alle, dass er ihnen gehört. Er ist kein Dobermann, würde aber trotzdem Sin $ 500 kosten, meinten sie. Die offensichtliche Lüge machte sie noch wütender, sie schrie, sie würde ihnen 500 Steine nachwerfen und sie sollten verschwinden. Sie brachte KALI, wie sie sie nannte, nach Hause. Kali und Shiva sind gute Freunde geworden und waren immer zusammen. Kali muss Schlimmes erlebt haben und obwohl sie ruhiger wurde, konnte sie niemand berühren. Sie ging sehr schnell weg und wahrte immer den Abstand.
Ich hatte Urlaub und natürlich flog ich nach Singapur. Ich hatte schon von Kali gehört und freute mich sie zu sehen. Ich freute mich auf meine Familie und auf Shiva. Als ich ankam, sie alle begrüßte und alles ruhiger wurde, kam Shiva zu mir um mich zu begrüßen. Als ich sie streichelte, sah ich hinter ihr in der Ecke stehend, Kali. „Und Du bist Kali, richtig? Komm doch her und sag hallo zu mir,“ sagte ich mit ruhiger Stimme. Shiva drehte sich um und sah Kali an, blieb aber bei mir stehen und was darauf passierte war unglaublich. Kali sah mich an und kam zu mir. Ich durfte sie kurz streicheln und damit war ich die erste die das durfte. Hatte Shiva sie dazu veranlasst? Haben Hunde eine Sprache oder eine Verständigung? An diesem Tag war ich mir dessen ganz sicher.
Shiva wurde sehr alt und auch schon grau, als sie starb. Wie alt Kali war, konnten wir nicht wissen, aber sie starb sehr kurz drauf – als ob sie alleine nicht weiterleben wollte.

2 Gedanken über “Shiva – in Memory

    1. nina Beitrags Autor

      Sibylle, ich danke Dir sehr….ja, kannst Du und ich wäre Dir auch sehr dankbar….gib einfach die Adresse weiter. Ich habe mir kürzlich auch überlegt ob wir nicht eine Seite zur Erinnerung an unserer Freunde haben sollten. Aber ich habe noch Geschichten über Eigenarten verschiedener Tiere (zum Bespiel Hai) und die möchte ich auch noch posten. Die Geschichten sind nicht so kurz und jetzt im Sommer geht man lieber baden als lesen. Allerdings kann man sie auch mit oder auf dem Handy lesen…da wird die Fahrt in die Arbeit kürzer. Auf jeden Fall, danke ich Dir sehr!

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