mein-freund

Rai-chu, in Memory

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Raj-Chu war ein Kater, eine Tempelkatze, sagte meine Tochter, aber ich denke, dass er doch ein Mischling war. Er war bräunlich und hatte spitze Ohren. Wo meine Tochter ihn her hatte, weiß ich nicht mehr. Allerdings sind wir keine Katzenmenschen. Man sagt ja, dass es Hundemenschen und Katzenmenschen gibt. Eine Theorie sagt, dass Katzenmenschen unabhängiger, nicht so besitzergreifend und etwas weniger emotional sind. Sie mögen es, wenn die Katze der Boss ist. Hundemenschen zum anderen sind anhänglicher und auch emotionaler. Ich weiß dass nicht so genau, aber was mich Raj-chu lehrte, ging ein wenig in diese Richtung.
„Schon wieder ein indischer Name,“ sagte ich zu meiner Tochter, als ich zu Besuch nach Kuala Lumpur kam, wo sie lebte. „Ja, Raj bedeutet König und der Kater benimmt sich auch so. Er macht nur was er will.“
Alles gut, meinte ich, und schenkte ihm weiter nicht viel Aufmerksamkeit, außerdem war er nie da, immer irgendwo draußen. Langsam fing ich mich aber doch zu wundern an. Wo bekommt er denn sein Futter her, denn sein Fressnapf war meistens leer. „Kaufst du ihm denn kein Futter“, fragte ich dann. „Schon, aber er ist meistens draußen und findet immer was zum Fressen.“ Mhm, dachte ich und ging Katzenfutter kaufen. Ich fühlte den Fressnapf und Raj-chu fraß ihn leer. Ich füllte ihn jedes Mal auf, wenn er leer war, bis ich merkte, dass Raj-chu mich drauf aufmerksam machte. Wenn sein Fressnapf leer war, kam er zu mir und rieb sich an meinem Bein.
Na gut, dachte ich, das ist ja noch einfacher, so weiß ich ja immer, wenn der Fressnapf leer ist. Aber damit war es nicht vorbei, Raj-chu fing an mir überall zu folgen, er war immer in meiner Nähe, mehr noch, wenn ich mich nur hinsetzte, sprang er auf meinen Schoß und drückte mit seinen Pfoten auf meinen Bauch, machte sich ein richtiges Nest und zwar so, dass er mir direkt in die Augen sehen konnte. Wenn ich mich auf dem Sofa ausstreckte, machte er es sich auf meinem Busen gemütlich und sah mich unentwegt an, direkt in meine Augen.
Diese Augen! Seine Augen waren sehr schön, aber so eindringlich. Danach fing er an mir Kakerlaken – und die sind in Asien groß – vor die Füße zu legen. Manchen fehlten schon die Beine, aber sie lebten noch. Ich mochte das ganz und gar nicht und erzählte es meiner Tochter. „Wow, er bringt dir Geschenke, “ meinte sie. „Na, auf so was kann ich verzichten,“ sagte ich. Aber Raj-chu hörte nicht auf, den Kakerlaken folgten tote Mäuse. Ich weiß auch nicht, wann er sie alle gefangen hat, denn er war immer hinter mir her. Kaum das ich mich hinsetzte, sprang er auf mich und drückte mit seinen Pfoten auf meinem Bauch oder Busen und starrte mir in die Augen. Diese Augen! Ich bekam Angst, ich fühlte mich nicht frei. Er gab mir das Gefühl, ich muss tun, was er möchte. Ich war ständig unter seiner Kontrolle. Seine schönen aber eindringlich fordernden Augen folgten mir überall. Er war besitzergreifend und dominierend. Seine Augen waren hypnotisch und starrten direkt in meine Seele. So besonders, Raj-chu auch war, das hat mir nicht gefallen und ich war froh, als ich abreiste. Allerdings werde ich ihn nie vergessen können – er war ein ganz besonderer Kater!

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